Das Mammutvorhaben Grundrente befindet sich nach jahrelangen Verhandlungen und Bemühen auf der Zielgeraden. Nachdem der Bundestag im vergangenen Juni den Rentenzuschlag für Geringverdiener verabschiedet hat, ist das Grundrentengesetz zum Jahresbeginn in Kraft getreten. Show Wer nun erwartet, mehr Rente zu bekommen, muss sich jedoch noch gedulden. Erst ab Mitte des Jahres ist die Deutsche Rentenversicherung in der Lage, den Zuschuss auszuzahlen. Zunächst soll dieser an Neurentner fließen, die ab Juli in Rente gehen. Bis alle Bestandsrentner die Grundrente erhalten, kann es noch bis Ende 2022 dauern. Prüfungen verzögern Auszahlung der GrundrenteSchon im vergangenen Jahr warnte die Deutsche Rentenversicherung vor zeitlichen Engpässen. Für die Auszahlung muss nicht nur bei 26 Millionen Renten ermittelt werden, welche Grundrentenzeiten es gibt. Dazu zählen beispielsweise Kindererziehungszeiten und Zeiten, in denen Angehörige gepflegt wurden. Hinzu kommt, dass das Einkommen der potenziell Berechtigten geprüft wird. Dazu wird ein neues Verfahren zum Datenaustausch mit den Finanzämtern entwickelt. Da auch das Einkommen des Ehepartners geprüft wird, nimmt dieser Prozess einige Zeit in Anspruch. Wer bekommt die Grundrente ab 2021?Von der Grundrente profitieren Rentner, die im Laufe ihres Arbeitslebens zwischen 30 Prozent und 80 Prozent des Durchschnittseinkommens verdient haben. 2020 liegt dieses monatlich bei rund 3.379 Euro brutto (West). Um Anspruch zu haben, müssen Verbraucher im vergangenen Jahr daher monatlich mindestens 1.013 Euro verdient haben. Kommen Geringverdiener auf mindestens 33 Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung, können sie Grundrente erhalten. Den vollen Zuschuss gibt es ab 35 Beitragsjahren. Dabei wird ihr jährlich erworbener Entgelt- beziehungsweise Rentenpunkt verdoppelt, jedoch höchstens auf 0,8 Punkte angehoben. Der sich daraus ergebene Zuschlag wird um 12,5 Prozent gekürzt. Die Summe ergibt die Höhe der Grundrente. Haben Empfänger ein monatliches Einkommen von mehr als 1.250 Euro, wird dieses anteilig auf die Grundrente angerechnet. Für Eheleute liegt die Einkommensgrenze bei 1.950 Euro. Wie hoch wird die Grundrente sein?Die Höhe der Grundrente beläuft sich auf maximal rund 419 Euro im Monat. Den Höchstzuschuss werden allerdings die wenigsten Personen erhalten. Experten rechnen eher damit, dass der Zuschlag im Schnitt bei 80 Euro monatlich liegen wird. Um diesen zu erhalten, ist kein Antrag notwendig. Er wird automatisch ausgezahlt.
Eine höhere Rente bekommen vor allem Frauen, die lange gearbeitet aber wenig verdient haben. © mauritius images / Cultura / Sigrid Gombert Wer lange gearbeitet aber wenig verdient hat, bekommt einen Rentenzuschlag. Die Stiftung Warentest erklärt, wie die Grundrente funktioniert und hilft bei der Berechnung.
Im Juli 2021 haben die ersten Rentnerinnen und Rentner ihre Bescheide über den Grundrentenzuschlag erhalten und damit erfahren, ob sich ihre gesetzliche Rente erhöht. Die Grundrente ist für all jene gedacht, die lange gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben, aber eher wenig verdient haben. Damit jahrzehntelange Arbeit mit niedrigem Verdienst bei der Rente besser berücksichtigt wird, gibt es für solche Menschen jetzt einen Zuschlag. Sie sollen mit der Grundrente im Alter besser dastehen als diejenigen, die gar nicht oder nur kurz in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Beantragen müssen Versicherte sie nicht. Sie wird auch denjenigen gezahlt, die bereits in Rente sind. 1,3 Millionen Rentnerinnen und Rentner sollen laut Bundesregierung von der Aufstockung profitieren. Um die volle Grundrente zu bekommen, müssen Versicherte mindestens 35 Jahre sogenannte Grundrentenzeiten vorweisen können. Dazu zählen:
Für alle, die mindestens 33 aber nicht 35 Jahre mit Grundrentenzeiten vorweisen können, gibt es eine geringere Aufstockung. Sie steigt mit jedem Monat, bis mit 35 Jahren die volle Grundrente erreicht ist. © Stiftung Warentest / René Reichelt Die Grundrente richtet sich zwar an Menschen mit niedrigen Löhnen. Zu wenig dürfen sie aber auch nicht verdient haben. Der Gesetzgeber will mit einer Untergrenze verhindern, dass Personen vom Zuschlag profitieren, deren Arbeitsentgelte nur die Bedeutung eines ergänzenden Einkommens hatten – wie das etwa bei „Minijobbern“ oft der Fall ist. Berechnet wird die Grundrente deshalb aus allen „Grundrentenbewertungszeiten“, in denen der Verdienst mindestens 30 Prozent des Durchschnittsverdienstes in Deutschland betragen hat. Das sind im Jahr 2022 monatlich rund 973 Euro brutto und entspricht 0,025 monatlichen Entgeltpunkten auf dem Rentenkonto. Liegt der Verdienst in einem bestimmten Zeitraum darunter, zählt dieser nicht mit. Hat ein Rentner also 40 Jahre gearbeitet und in 15 Jahren davon weniger als 30 Prozent des Durchschnitts verdient, wird die Grundrente nur aus den Entgeltpunkten der anderen 25 Jahre berechnet. Der Durchschnittsverdienst ändert sich jedes Jahr. Die Gehaltsgrenzen sind deshalb für vergangene Jahre andere. Der Verdienst während des Berufslebens darf aber für den Grundrentenanspruch auch eine bestimmte Obergrenze nicht überschritten haben. Im Schnitt dürfen Rentnerinnen und Rentner höchstens 80 Prozent des durchschnittlichen Einkommens erzielt haben. Das sind im Jahr 2022 rund 2 593 Euro brutto im Monat und entspricht 0,8 jährlichen Entgeltpunkten auf dem Rentenkonto. Ist das übers gesamte Berufsleben erzielte durchschnittliche Einkommen höher, gibt es keinen Zuschlag.
Die Grundrente wird anhand bestimmter Entgeltpunkte auf dem Rentenkonto berechnet, die Versicherte im Laufe ihres Erwerbslebens gesammelt haben. Für ein Jahr Rentenbeiträge mit Durchschnittsverdienst (2022: 38 901 Euro) bekommen Versicherte in den alten Bundesländern einen Entgeltpunkt, in den neuen Bundesländern etwas mehr. Die erworbenen Entgeltpunkte werden verdoppelt, allerdings auf maximal 0,8 Entgeltpunkte pro Jahr und für maximal 35 Jahre. Der ermittelte Wert wird danach um 12,5 Prozent gekürzt. Das soll dafür sorgen, dass Menschen, die einen höheren Beitrag gezahlt haben, auch eine höhere Gesamtrente bekommen. Wer zwischen 33 und 35 Jahren Grundrentenzeiten vorweisen kann, bekommt einen kleineren Zuschlag. Bei 33 Jahren werden die Entgeltpunkte auf maximal 0,4 Entgeltpunkte hochgewertet. Für jeden zusätzlichen Monat erhöht sich die Aufwertung – bis auf maximal 0,8 Entgeltpunkte bei 35 Jahren. Allzu viel sollten Rentnerinnen und Rentner nicht erwarten. Im Durchschnitt wird der Zuschlag laut Rentenversicherung bei rund 75 Euro im Monat liegen. Im Optimalfall sind jedoch knapp 420 Euro möglich. © Stiftung Warentest / René Reichelt Ist das Einkommen im Ruhestand trotz niedriger gesetzlicher Rente ordentlich, etwa durch einen Job oder Mieteinkünfte, zahlt die Rentenkasse den Zuschlag nicht oder nur teilweise. Die volle Grundrente wird nur an Rentnerinnen und Rentner gezahlt, deren Einkommen unter einem Freibetrag von 1 250 Euro für Alleinstehende und 1 950 Euro für verheiratete Paare liegt. Dieser Freibetrag soll jährlich angepasst werden. Der Einkommensfreibetrag bezieht sich auf das zu versteuernde Einkommen (Gehalt, Renten, Betriebsrenten, Mieteinkünfte und ähnliches) inklusive zu versteuernder Kapitalerträge. Der steuerfreie Anteil der Rente wird hinzugerechnet. Das zu versteuernde Einkommen ist geringer als das Bruttoeinkommen. Das Finanzamt berücksichtigt dafür Abzüge wie zum Beispiel Werbungskosten und Sonderausgaben. Liegt das berücksichtigte Einkommen oberhalb des Freibetrags, wird das darüberliegende Einkommen zu 60 Prozent auf die Grundrente angerechnet. Das soll durch einen automatischen Datenabgleich mit dem Finanzamt passieren. Übersteigt das Einkommen bei Alleinstehenden 1 600 Euro und bei Ehepaaren 2 300 Euro, wird das Einkommen darüber zu 100 Prozent angerechnet. Ein Aspekt der Einkommensanrechnung, der sicher für Verwirrung sorgen wird: Angerechnet wird immer das vom Finanzamt übermittelte Einkommen des vorvergangenen Jahres. Für 2022 wird also das Einkommen von 2020 angerechnet. Das liegt laut Rentenversicherung daran, dass der Abgleich mit dem Finanzamt automatisch geschehen soll und für Neurentner 2022 beim Finanzamt erst das steuerpflichtige Einkommen des Jahres 2020 vorliegt. Wer also 2022 eine kleine Rente bekommt, aber in den beiden Jahren davor noch ordentlich verdient hat, hat zwei Jahre lang keinen Anspruch auf die Grundrente. Es muss jedoch laut Arbeitsministerium keine Rentnerin und kein Rentner eine Steuererklärung abgeben, um eine Grundrente zu erhalten, wenn sie oder er nicht zur Steuererklärung verpflichtet ist. Gibt es kein zu versteuerndes Einkommen, würden nur die Renteneinkommen und Versorgungsbezüge mit pauschalen Abzügen berücksichtigt. Bei Paaren, die zwar zusammenleben, aber nicht verheiratet sind, wird das Einkommen einzeln betrachtet. Ein Partner könnte also hohe Einkommen haben, ohne dass die Grundrente des anderen Partners davon betroffen ist. Heiraten die beiden, würde der Grundrentenzuschlag entfallen, da nun das Einkommen des Paares betrachtet würde – unabhängig davon, ob sie sich steuerlich zusammen oder einzeln veranlagen lassen. Das System der Grundrente ist kompliziert. Deshalb hier einige Beispiele zur Verdeutlichung: Ein Rentner aus Köln hat 40 Jahre lang 0,5 Entgeltpunkte pro Jahr erarbeitet, er hat also halb so viel wie der Durchschnitt verdient. Das entspricht aktuell einem Jahresgehalt von 19 451 Euro. Seine gesetzliche Rente beträgt damit 684 Euro. Durch die Grundrente bekommt er für 35 Jahre 0,3 Entgeltpunkte zusätzlich (359 Euro). Damit kommt er insgesamt auf die Maximalerhöhung von 0,8 Entgeltpunkten. Dieser Wert wird um 12,5 Prozent gekürzt. Der Zuschlag des Rentners würde somit 314 Euro betragen. Als neue Rente bekäme er 998 Euro. Angenommen, der alleinlebende Kölner Beispiel-Rentner arbeitet nebenbei und kommt so zusammen mit seiner Rente auf ein monatliches anrechenbares Einkommen von insgesamt 1 400 Euro. Nach Abzug des Freibetrags (1 250 Euro) bleiben 150 Euro. Davon werden 60 Prozent – 90 Euro – von seiner ursprünglichen Grundrente von 314 Euro abgezogen. Der Zuschlag durch die Grundrente würde dann nur noch 224 Euro betragen (314 Euro – 90 Euro). Eine Rentnerin aus Chemnitz hat 40 Jahre lang 0,75 Entgeltpunkte pro Jahr erarbeitet. Ihre gesetzliche Rente beträgt damit etwa 1 004 Euro. Durch die Grundrente bekäme sie für 35 Jahre 0,05 Entgeltpunkte zusätzlich. Nach der Kürzung um 12,5 Prozent wären das 51 Euro. Angenommen, sie würde nebenbei arbeiten und wie der Rentner im Beispiel oben auf 1 400 Euro monatlich anrechenbares Einkommen kommen, würden ihr theoretisch ebenfalls 90 Euro abgezogen. Ihre Grundrente von 51 Euro entfällt damit. Eine Rentnerin in Braunschweig hat 35 Jahre gearbeitet und 5 Jahre Kinder erzogen. Während ihres Arbeitslebens hat sie die ersten 20 Jahre 0,6 Entgeltpunkte pro Jahr erarbeitet und danach 15 Jahre nur noch 0,25 Prozent (monatlich 25 Prozent des Durchschnittsentgelts). Ihre Rente beträgt damit inklusive Kindererziehungszeiten 812 Euro. Sie hat Anspruch auf eine Grundrente, allerdings werden nur die 20 Jahre mit 0,6 Entgeltpunkten für die Berechnung herangezogen. Die 15 Jahre mit dem geringeren Gehalt entfallen für die Berechnung. Sie bekommt also für 20 Jahre 0,2 Entgeltpunkte hinzu. Nach der Kürzung um 12,5 Prozent sind das 120 Euro Grundrentenzuschlag. Anders als beim Einkommen spielt die Höhe des Vermögens bei der Grundrente keine Rolle. Eine Vermögensprüfung findet nicht statt. Versicherte können also Grundrente erhalten, auch wenn sie Haus, Land, Goldbarren oder andere größere Vermögenswerte haben. Damit die Grundrente keine negative Auswirkung auf einen eventuellen Bezug von Wohngeld hat und damit wirkungslos würde, gibt es hier einen Freibetrag. Wohngeld ist ein Zuschuss zur Miete oder zu den Kosten selbst genutztem Wohneigentums für Menschen mit niedrigen Einkünften. Gerade in Großstädten sind viele Rentnerinnen und Rentner auf Wohngeld angewiesen. Durch den Freibetrag wird die gesetzliche Rente, einschließlich der Grundrente, beim Wohngeld nicht voll als Einkommen angerechnet. Der Freibetrag wird je nach Einkommen individuell berechnet und beträgt mindestens 100 Euro und maximal 224 Euro. Freibeträge soll es auch bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende, in der Hilfe zum Lebensunterhalt, in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung geben. Die Freibeträge gelten, wenn mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten vorhanden sind.
Unabhängig. Objektiv. Unbestechlich. Mehr erfahren
© Stiftung Warentest / René Reichelt Im Juli 2021 hat die Rentenversicherung die ersten Bescheide zur Grundrente versendet. Sie wurde am 2. Juli 2020 vom Bundestag verabschiedet. Einen gesetzlichen Anspruch darauf haben Rentner seit dem 1. Januar 2021. Die Deutsche Rentenversicherung warnte allerdings schon früh vor dem hohen Verwaltungsaufwand bei der Prüfung der Neu- und Bestandsrentner, so dass die Zuschläge nicht sofort ausgezahlt werden konnten. Seit Januar 2021 aufgelaufene Beträge werden nachgezahlt. Zuschläge, die vor dem Tod des Berechtigten noch nicht ausgezahlt wurden, bekommt der hinterbliebene Ehepartner. Auch die Hinterbliebenenrente erhöht sich durch den Grundrentenzuschlag. Damit es durch die Grundrente nicht zu einer höheren Belastung der Rentenbeitragszahler kommt, sollen die Kosten vollständig durch eine Erhöhung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung – also aus Steuermitteln – finanziert werden.
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