Der Regisseur Dieter Wedel. © Quelle: Swen Pförtner/dpa Im März hat die Staatsanwaltschaft München I den Regisseur Dieter Wedel wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung angeklagt. Doch ob dem Filmemacher tatsächlich der Prozess gemacht wird, ist zum Jahresende noch offen. München. Die Entscheidung über einen Vergewaltigungsprozess gegen Regisseur Dieter Wedel ist auch ein Dreivierteljahr nach Anklageerhebung noch nicht gefallen. Über die Zulassung der Anklage sei bisher nicht entschieden worden, sagte Florian Gliwitzky, Pressesprecher des Landgerichts München I, auf Anfrage. Ob und wann es zu einer Gerichtsverhandlung kommt, ist damit noch offen. Weiterlesen nach der Anzeige Weiterlesen nach der Anzeige Die Staatsanwaltschaft hatte Wedel im März wegen eines Vorwurfs aus dem Sommer 1996 angeklagt. Die Schauspielerin Jany Tempel gibt an, Wedel („Der große Bellheim“, „Der Schattenmann“) habe sie damals in einem Münchner Hotel zum Sex gezwungen. Damals, im Alter von 27 Jahren, habe sie für eine Rolle vorsprechen wollen. Die 20-seitige Anklage führt nach Angaben der Staatsanwaltschaft mehr als 20 Zeugen, eine Gutachterin und Kalendereinträge als Beweismittel an. Wedel bestreitet die Vorwürfe. Seine Anwälte sprachen von Vorverurteilung und betonten die Wahrscheinlichkeit, dass die Anklage gar nicht zugelassen werden könnte - obwohl das in der deutschen Justiz nur sehr selten vorkommt. Weiterlesen nach der Anzeige Weiterlesen nach der Anzeige „Der Tatvorwurf beruht letztlich allein auf der Behauptung der Nebenklägerin, die diese gegenüber einem Presseorgan unter dem Vorbehalt machte, dass die angebliche Tat verjährt sei und die Wahrheit ihrer Beschuldigung nicht mehr in einem Gerichtsverfahren überprüft werden dürfe“, sagte Wedels Anwältin Dörthe Korn aus der Kanzlei des früheren CSU-Politikers Peter Gauweiler im März. Die Vorwürfe waren Anfang 2018 bekannt geworden. Damals beschuldigten drei Schauspielerinnen Wedel im „Zeit-Magazin“, sie in den 90er-Jahren sexuell bedrängt zu haben. Der Fall wurde der bekannteste in der deutschen #MeToo-Debatte, die 2017 ins Rollen gekommen war. Unter dem Hashtag #MeToo posteten vor allem Frauen in sozialen Netzwerken millionenfach ihre Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen. Wedel, der mit TV-Mehrteilern wie „Der König von St. Pauli“ zu den bekanntesten deutschen Regisseuren zählt, hat den Vorwürfen per eidesstattlicher Erklärung widersprochen. Ende August 2018 sagte er der „Bild“-Zeitung: „Inzwischen bin ich froh, dass es diese Ermittlungen gibt. Ich vertraue auf die Staatsanwaltschaft.“ Für Wedel gilt bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem Strafverfahren die Unschuldsvermutung. Weiterlesen nach der Anzeige Weiterlesen nach der Anzeige RND/dpa Dieter Wedel (* 12. November 1939[1] oder 1942[2] als Dieter Karl Cäsar Wedel in Frankfurt am Main) ist ein deutscher Regisseur und Drehbuchautor.[3] Die Informationen zum Geburtsjahr Wedels sind widersprüchlich: Der Öffentlichkeit gegenüber gab er 1942 als sein Geburtsjahr an, obwohl er bereits 1946 eingeschult wurde.[4] 2010 äußerte Wedel gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, dass er sich 1968 drei Jahre älter gemacht habe, um seine erste Regiearbeit für den Film Gedenktag (1970) zu bekommen.[2] Aus einem von ihm verfassten Lebenslauf im Anhang seiner bereits 1965 an der Philosophischen Fakultät der Freien Universität Berlin eingereichten Inaugural-Dissertation mit dem Titel Das Frankfurter Schauspielhaus in den Jahren 1912 bis 1929 geht indes hervor, dass Wedel am 12. November 1939 in Frankfurt am Main geboren wurde.[1][5] Wedel ist der Sohn des 1957 verstorbenen Ingenieurs Karl Wedel, der auch Besitzer einer Lederwarenfabrik war.[6] Seine Mutter Ada, geborene Stroh,[7] trat unter dem Künstlernamen Ada Torana als Pianistin auf.[8] Wedel wuchs in Bad Nauheim auf, ging auf die Ernst-Ludwig-Schule Bad Nauheim und inszenierte bereits als Schüler am 21. Mai 1957 im dortigen Kurhaus sein erstes Theaterstück, das Drama Massada.[7][9] Im Alter von 17 Jahren war Wedel hessischer Tennis-Jugendmeister. An der Freien Universität Berlin studierte er bei seinem „Ersatzpapa“[10] Hans Knudsen Theaterwissenschaft, Publizistik und Geschichte. Während seines Studiums leitete er die dortige Studentenbühne. Daneben war er als Lektor und Theaterkritiker tätig. Später inszenierte Wedel im Berliner Amerika-Haus und am Hebbeltheater. Berufliche KarriereWedel begann seine berufliche Laufbahn als Autor und Hörspielregisseur bei Radio Bremen 1966. 1967 ging er zum NDR Hamburg und wurde zunächst Assistent in der Redaktion von Egon Monk, dem Leiter der Fernsehspielabteilung.[11] Unter Dieter Meichsner wurde er dann Hausregisseur. Sein erster Kurzfilm Willi (1969) basiert auf Wolfdietrich Schnurres Kurzgeschichte Reusenheben.[12][13] Über den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 handelt sein erster großer Fernsehfilm Gedenktag (1970). 1972 hatte Wedel seinen ersten großen Erfolg mit dem Dreiteiler Einmal im Leben – Geschichte eines Eigenheims. Zahllose deutsche Häuslebauer erkannten sich in der fiktiven Familie Semmeling wieder, die nahezu alle Probleme eines Hausbaus durchlebte. 1976 wurde das Konzept in Alle Jahre wieder – Die Familie Semmeling erneut aufgegriffen, diesmal wurde der Urlaub der fiktiven deutschen Durchschnittsfamilie kritisch porträtiert. 2001 versuchte Wedel, unter Verzicht auf den humoristisch-satirischen Ansatz, an die erfolgreichen Semmeling-Filme der 1970er Jahre mit dem Mehrteiler Die Affäre Semmeling über die deutsche Finanzbürokratie anzuknüpfen; in einer mittlerweile völlig veränderten Fernsehlandschaft konnten die Einschaltquoten der 1970er Jahre aber nicht mehr erreicht werden. 1978 machte Wedel sich selbständig, gründete mit dem Filmproduzenten Jürgen Dohme[14] die Active Film GmbH[15] und drehte so als Regisseur und Produzent zahlreiche gesellschaftskritische Fernsehspiele. Später realisiert er seine Projekte über die Corona Film GmbH, bei der seine Lebensgefährtin Ursula Wolters Geschäftsführerin ist.[16][17] Von 1980 bis 1985 inszenierte er unter Intendant Peter Striebeck am Hamburger Thalia-Theater unter anderem Macbeth von William Shakespeare und Die Frau des Bäckers von Marcel Pagnol mit Peter Striebeck, dessen Aufführung 1986 auch in der ARD gesendet wurde.[18] Als Fernsehregisseur machte sich Wedel einen Namen mit aufwendigen Mehrteilern. 1986 begannen in Hamburg die Dreharbeiten für seinen – auch in den Vereinigten Staaten gedrehten – Wilder Westen inclusive (1988) mit einem Etat von 20 Millionen Mark, das bis dato teuerste Fernsehspiel für den Westdeutschen Rundfunk.[19] Es folgten Der große Bellheim (1992), Der Schattenmann (1995), Der König von St. Pauli (1998), Die Affäre Semmeling (2002) sowie Papa und Mama (2006) und zuletzt Gier (2010). Wie Regisseur Alfred Hitchcock in seinen eigenen Produktionen tritt auch Wedel in seinen eigenen Produktionen für wenige Sekunden selbst auf (z. B. deutlich in Erscheinung tretend in Der große Bellheim, Der König von St. Pauli und Der Schattenmann). Von 2002 bis zum Sommer 2014 leitete Wedel die Nibelungenfestspiele in Worms, zunächst als Regisseur, danach auch als Intendant in Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Karin Beier oder Gil Mehmert. 2011/2012 erweiterte Wedel erfolgreich mit zwei Stücken über Die Geschichte des Joseph Süß Oppenheimer, genannt Jud Süß und Das Vermögen des Herrn Süss das Repertoire, bevor er 2013 mit Hebbels Nibelungen – born to die zu den Wurzeln der Festspiele zurückkehrte und für 2014 seine letzte Inszenierung in Worms ankündigte.[20][21][22] Der Versuch, in Dresden mit den Zwingerfestspielen einen ähnlichen Erfolg wie in Worms zu starten, endete vorläufig nach einer Saison im Sommer 2011 mit John von Düffels Die Mätresse des Königs.[23] Wedel ist Mitglied der Freien Akademie der Künste Hamburg. Seit 2015 war Wedel Intendant der Bad Hersfelder Festspiele.[24] Seine erste Inszenierung in Bad Hersfeld war die Komödie der Irrungen mit Darstellern wie Sonja Kirchberger und Heinz Hoenig.[25] 2016 inszenierte er Hexenjagd. Zum Ensemble gehörten unter anderem Elisabeth Lanz, Richy Müller und Motsi Mabuse.[26] 2017 brachte Wedel das Theaterstück Martin Luther – Der Anschlag auf die Bühne.[27] Sein zuerst bis 2018 geltender Vertrag wurde bis zum Jahr 2022 verlängert.[28] Am 22. Januar 2018 erklärte Wedel seinen Rücktritt als Intendant, nachdem ihm mehrere Schauspielerinnen im Rahmen der #MeToo-Debatte sexualisierte Gewalt vorgeworfen hatten.[29] Seine geplante Inszenierung Das Karlos-Komplott wurde aus dem Spielplan genommen.[30] Laut Angaben aus seinem Umfeld erlitt Wedel im Januar 2018 einen Herzinfarkt.[29] PrivatesDieter Wedel war mit der Schauspielerin Hannelore Elsner (1942–2019) liiert. Aus dieser Beziehung stammt der 1981 geborene Dominik Elsner, der als Fotograf arbeitet.[31][32] Wedel ist mit der Kauffrau Ursula Wolters verheiratet, einer Tochter des ehemaligen Bremer Senators Hermann Wolters. Er hat sechs Kinder und wohnt sowohl in Hamburg-Tonndorf[33] als auch auf Mallorca.[34] Dieter Wedel (2008) So konsequent wie der Erfolg ziehen sich durch Wedels Werk auch Plagiatsvorwürfe, da manche Dialoge und auch ganze Szenen Filmkenner immer wieder an bekannte Vorbilder erinnern. Teile seines Scheidungsdramas Papa und Mama entdeckte die Süddeutsche Zeitung in Jenseits von Afrika, es fanden sich aber auch schon in früheren Wedel-Produktionen komplette Szenen von Oliver Stone, Woody Allen, Francis Ford Coppola und vielen mehr (was Harald Schmidt zur Persiflage Hollywood klaut bei Wedel nutzte). Am heftigsten war diese Kritik beim Schattenmann und der Affäre Semmeling, wo es deswegen zu einem Prozess kam. Wedel räumte diese Vorwürfe hier später ein, fand die Aufregung darum jedoch übertrieben. Führungsstil als Produzent und Regisseur2017 entließ Wedel einen Tag vor Beginn der 67. Bad Hersfelder Festspiele den Schauspieler Paulus Manker[35] nach einer Auseinandersetzung während einer der letzten Proben. Manker kritisierte Wedel danach heftig, dieser herrsche wie ein „nordkoreanischer Diktator“, der „wochenlang Angst und Schrecken“ bei seinen Schauspielern verbreite. Manker sollte in der Uraufführung Martin Luther – Der Anschlag die Titelrolle verkörpern.[36] Wedel bedauerte im Januar 2018 als Reaktion auf einen Bericht der Zeit[37] über seinen Anwalt, dass er bei seiner „langjährigen Tätigkeit als Produzent und Regisseur“ insbesondere bei Dreharbeiten Schauspieler „manchmal überharter, wohl auch verletzender Kritik ausgesetzt“ habe.[38] Vorwürfe sexueller ÜbergriffeIm Zuge der #MeToo-Debatte warfen in einem Artikel des Zeitmagazins vom 3. Januar 2018 mehrere Schauspielerinnen sowie ehemalige Mitarbeiter Wedel gewalttätige und sexuelle Übergriffe vor, die er in den 1990er-Jahren begangen haben soll, und gaben dazu eidesstattliche Versicherungen ab.[39][40] Die Schauspielerin Jany Tempel bezichtigte Wedel, sie bei einem Vorsprechen 1996 in einem Hotel in München vergewaltigt zu haben.[41] Seit 2018 ermittelt die Staatsanwaltschaft München I wegen Vergewaltigung gegen Wedel.[42] Im Nachgang gab es Querelen beziehungsweise juristische Auseinandersetzungen zwischen Tempel, ihren Anwälten und der Zeit.[43] Die zivilrechtliche Klage Tempels wurde vom Landgericht Hamburg abgewiesen.[44] Außerdem reichte Tempels Anwalt Alexander Stevens eine Fachaufsichtsbeschwerde wegen der Dauer der Ermittlungen gegen die Staatsanwaltschaft München I ein, der jedoch die Generalstaatsanwaltschaft keine Folge gegeben hat, wie 2021 berichtet wurde.[42] Wedel widersprach den Aussagen der Frauen und gab laut Angaben seines Anwalts seinerseits „eine umfassende eidesstattliche Erklärung“ zu den Anschuldigungen ab. Er kündigte an, sich gegen die Print- und Online-Veröffentlichung des Artikels juristisch zur Wehr zu setzen.[45] Am 22. Januar 2018 erklärte Wedel unter Bezug auf die mediale Berichterstattung seinen Rücktritt als Intendant der Bad Hersfelder Festspiele.[46] Kurz darauf wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft München Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts einer nicht verjährten Sexualstraftat begonnen hatte.[47] In einem Nachfolgebericht der Zeit warfen weitere Schauspielerinnen und ehemalige Mitarbeiter Wedel sexuelle Übergriffe vor.[48] Unter anderem soll es 1975 bei der Produktion der NDR-Serie Pariser Geschichten zu einer Vergewaltigung in einem Waldstück gekommen sein. Zudem beschrieb die Schauspielerin Esther Gemsch einen weiteren mutmaßlichen sexuellen Übergriff 1980 in einem Hotelzimmer, der sie an der Halswirbelsäule verletzt und traumatisiert habe. Ihre Rolle habe man deshalb mit Ute Christensen neu besetzt, die Wedel ebenfalls der sexuellen Belästigung beschuldigt. Beim Saarländischen Rundfunk wurden Vorfälle schriftlich festgehalten.[49] Bei internen Untersuchungen von Sat.1, des NDR, des ZDF und Bavaria Film hingegen konnten keine Belege für sexuelle Übergriffe oder strafbare Handlungen gefunden werden.[50] Bereits Ende November 2017 hatte sich Wedel in die #MeToo-Debatte eingeschaltet und sich dabei selbst als Sexismus-Opfer dargestellt.[51][52] Im März 2021 erhob die Staatsanwaltschaft München I Anklage wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung gegen Wedel.[53][54] Die Ermittlungen laufen seit dem Jahr 2018 und die Anklage umfasst nunmehr 20 Zeugen, eine Gutachterin sowie Kalendereinträge als Beweismittel.[55] Wedel wird diesbezüglich von den Anwälten Dörthe Korn, Peter Gauweiler und Thomas Fischer vertreten.[56] Im Dezember 2021 wurde bekannt, dass noch immer nicht entschieden sei, ob es zu einem Prozess kommt.[57]
Ein Dieter-Wedel-Archiv mit der Laufzeit 1972 bis 2008 befindet sich im Archiv der Akademie der Künste in Berlin.[62] Commons: Dieter Wedel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Normdaten (Person): GND: 119327007 | LCCN: no97009592 | VIAF: 279097918 |
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