Unter welcher flagge fahrt mein schiff 4

Spielt es eigentlich eine Rolle, unter welcher Flagge ein Kreuzfahrtschiff fährt? In welchem Land das Schiff registriert ist? Sicher ist jedem Kreuzfahrer schon einmal aufgefallen, dass beispielsweise auf amerikanischen Kreuzfahrtschiffen keineswegs das Star-Spangled Banner der USA weht und auch auf deutschen Schiffen keine deutsche Flagge zu sehen ist – mit Ausnahme der MS Deutschland. Stattdessen sind die Schiffe in Panama, auf den Bahamas oder den Bermudas registriert, viele auch in Italien oder auf Malta. Nur, warum?

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Klar, Billigflaggen, wird sich der eine oder andere denken. Registriert man das Schiff in einem Land, in dem die Gesetze nicht so strikt sind, Kontrollen selten oder nie durchgeführt werden, spart man als Reederei jede Menge Geld. Das ist nicht komplett falsch, gerade für Kreuzfahrtschiffe aber nur die halbe Wahrheit. Denn so einfach ist das heutzutage nicht mehr. Längst nehmen vor allem die USA und viele europäische Länder nämlich nicht mehr einfach hin, dass zweifelhafte Schiffe die Wasserwege und Häfen gefährden – und kontrollieren in den Häfen selbst, oft nach sehr strengen Kriterien. Berüchtigt sind beispielsweise die Hygiene-Kontrollen der US-Gesundheitsbehörde CDC, die alle Kreuzfahrtschiffe, die US-Häfen anlaufen, rigoros kontrollieren und im schlimmsten Fall sogar wegen Hygienemängeln an Bord festsetzen können. Unter welcher Flagge das Schiff fährt, ist in einem solchen Moment dann ziemlich egal.

Aber ich will nicht zu tief in dieses hochkomplexe Thema einsteigen – das würde zu weit führen und zu politisch werden. Aspekte, die bei der Flaggenwahl eine Rolle spielen sind beispielsweise Gesetze zu Arbeitsbedingungen und Gewerkschaften, Versicherungen und die Frage, welchen internationalen Vereinbarungen wie beispielsweise SOLAS (Sicherheit) oder MARPOL (Umweltschutz) das jeweilige Flaggenland beigetreten ist, oder eben nicht. Wer sich etwas detaillierter für die Thematik interessiert, dem sei der englischsprachige Wikipedia-Artikel „Flag of Convenience“ nahegelegt.

Welche Kreuzfahrtschiffe fahren unter welcher Flagge?

Hier will ich aber einfach einmal übersichtlich darstellen, welche Reedereien ihre Schiffe unter welchen Flaggen fahren lassen. Wir haben uns insgesamt 35 Reedereien angeschaut und sind dabei auf eine erstaunliche Vielfalt gestoßen. Denn keineswegs sind alle Kreuzfahrtschiffe in klassischen „Flag of Convenience“-Ländern registriert.Werbung

Da taucht zum Beispiel ein Segelschiff mit luxemburgischer Flagge (Royal Clipper) ebenso auf wie Kreuzfahrtyachten, die unter französischer Flagge fahren und in Französisch Polynesien registriert sind – ein interessanter Trick übrigens, um die beinahe aberwitzigen Gewerkschaftsprobleme in Frankreich zu umgehen, aber trotzdem unter einer europäischen Flagge fahren zu können. Sowohl Club Med als auch Compagnie du Ponant haben ihre Schiffe daher in Mata Utu registiert.

Keineswegs immer sind es übrigens nur die ganz teuren Luxusschiffe, die sich teurere Flaggen leisten. Unter italienischer Flagge fahren beispielsweise Costa und AIDA. Holland America Line fährt unter niederländischer Flagge. Die Zahlen haben wir in einer Tabelle zusammengestellt.

Zuvor noch ein paar Sätze zu Auffälligkeiten in der Statistik: Mit Abstand am beliebtesten sind die Bahamas bei der Registrierung von Kreuzfahrtschiffen. Von den 222 von uns gezählten Schiffen sind 69 dort registriert. Platz zwei belegt Panama mit 28 Kreuzfahrtschiffen. Es folgen die Bermudas und Malta mit je 25 Schiffen. Letztere sind für Reedereien auch deshalb sehr interessant, weil nach den dortigen Landesgesetzen der Kapitän auf hoher See rechtskräftige Trauungen vornehmen darf – und Heiraten auf Kreuzfahrtschiffen entwickelt sich immer mehr zu einem lukrativen Zusatzgeschäft für die Kreuzfahrtgesellschaften. Bahamas, Panama, Bermudas und Malta zählen – wenig überraschend – zu den „Flag of Convenience“-Ländern.

Flaggenland registrierte
Kreuzfahrtschiffe
Bahamas 69
Panama 28
Bermudas 25
Malta 25
Italien 25
Niederlande 15
Norwegen 14
Frankreich (Mata Utu) 6
Marshall Islands 4
Portugal 3
Großbritannien 3
Griechenland 1
Deutschland 1
Ecuador 1
USA 1
Luxemburg 1

Ebenfalls 25 Kreuzfahrtschiffe sind dagegen in Italien registriert, das nicht als Billigflaggenland eingestuft ist. Nebenbei bemerkt: Die Einstufung als „Flag of Convenience“ nimmt die Seefahrer-Gewerkschaft International Transport Workers‘ Federation vor, die ihre Liste der „FOC Countries“ regelmäßig aktualisiert; derzeit enthält sie die Namen von 32 Ländern.

Bei den großen Kreuzfahrtgesellschaften fallen noch zwei Zahlen auf:

Norwegian Cruise Line NCL hat ein Schiff in den USA registiert, die Pride of America. Da das Schiff ausschließlich US-Häfen auf Hawaii anläuft, muss es die strengen Vorschriften des „Passenger Services Act“ erfüllen – beispielsweise schreibt dieses Gesetz vor, dass auf Schiffe, die lediglich US-Häfen anlaufen, die Besatzung im Wesentlichen aus Amerikanern bestehen und die US-Flagge führen muss.Werbung

Carnival Cruise Line hat einen Teil seiner Schiffe auf den Bahamas, den größeren Teil in Panama registriert. Ein klares Muster lässt sich bei den älteren Schiffen nicht erkennen, zwei inzwischen ausgemusterte Schiffe (Tropicale und Jubilee) waren auch mal in Liberia registriert. Alle neueren Schiffe seit dem Jahr 2000 sind jedoch in Panama registriert.

Stellen Sie sich vor, Sie stehen am Hamburger Hafen. Langsam erscheint die Mein Schiff 5  am Horizont und läuft gemächlich in der norddeutschen Metropole ein. Erhaben gleitet das riesige Schiff an Ihnen vorbei, Sie schauen empor und erblicken am Heck die Flagge Maltas. Doch warum eigentlich Malta? Dass Reedereien ihre Schiffe in ungewöhnlichen Ländern wie Bermuda oder Liberia registrieren hat mehrere Gründe, bringt jedoch auch Vorteile für die Passagiere. Im Falle der Mein Schiff  Flotte profitieren die Passagiere sogar ganz besonders von der sogenannten Ausflaggung.

Steuerliche Gründe oft ausschlaggebend

Das Wechseln der Nationalflagge eines Schiffs, ohne dass dieses den Besitzer wechselt, ist unter dem Fachbegriff Ausflaggung bekannt. Nach dem Land, in dem ein Schiff registriert ist, richtet sich auch sein entsprechender Heimathafen, denn dieser muss sich auf dem Gebiet des Staates befinden, unter dessen Flagge das Schiff fährt. Eine wichtige Rolle spielt er jedoch in vielen Fällen nicht, es gibt Schiffe, die noch nie in ihrem jeweiligen Heimathafen gesehen wurden.

Doch was ist der Grund für die Ausflaggungen, die nicht nur in der Kreuzfahrt- sondern auch in der Frachtschiff-Branche Gang und Gebe sind? Der zentrale Vorteil, den Reeder aus dem Fahren unter „fremder“ Flagge ziehen, sind die enormen Steuer-Einsparungen die damit einhergehen. Sowohl die Erträge des Schiffs als auch die die Gehälter der Crew, die sogenannten Heuern, werden laut der ZEIT in klassischen „Ausflaggungsländern“ deutlich geringer besteuert. Zu den oft abfällig als Billigflaggen bezeichneten Nationalfarben zählen neben denen Liberias und Panamas meist die von karibischen Staaten wie Bermuda, den Bahamas oder Barbados. Auch die Arbeitgeber-Gesetze sind dort meist lockerer als in europäischen Staaten: Die Reedereien haben hier beispielsweise mehr Freiheiten bei der Auswahl des Personals.

Gängige Praxis in der Kreuzfahrt-Branche

Aktuell gibt es laut einem ZEIT-Artikel aus dem Jahr 2016 kein einziges deutsches Kreuzfahrtschiff, das auch tatsächlich unter deutscher Flagge fährt. Die prominente Ausnahme stellte dabei lange die als Fernseh-Traumschiff bekannte MS Deutschland dar, die laut Online-Enzyklopädie Wikipedia bis 2015 unter deutscher Flagge fuhr, inzwischen jedoch die bahamaischen Nationalfarben führt. Ihre immer wieder diskutierte Ausflaggung war von Protesten begleitet und erzeugte ein großes öffentliches Interesse. Letztendlich blieb jedoch auch der Reederei der Deutschland nicht erspart, was anderorts schon lange Realität ist. Denn auf dem Kreuzfahrt-Markt Gewinne zu erwirtschaften und möglichst viele Passagiere mit erschwinglichen Preisen an Bord zu locken, ist unter deutscher Flagge kaum möglich. „Seit 15, 20 Jahren werden Kreuzfahrten immer mehr zum Massengeschäft, der Preiswettbewerb wächst“, fasst der Kreuzfahrt-Experte Stefan Oeter gegenüber der ZEIT zusammen.

„Günstige“ Flaggen kein Freifahrtschein

Wer jedoch glaubt, sogenannte Billigflaggen seien ein Weg um die Sicherheit und Hygiene an Bord vernachlässigen zu können, der irrt. Denn die Länder, in denen die Ozeanriesen an Land gehen, führen längt eigene Kontrollen durch, um sicherzugehen, dass Schiffe keine Gefahr für ihre Seewege darstellen. Berüchtigt ist hier beispielsweise die US-amerikanische Behörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention), die für ihre strengen Kontrollen bekannt ist und durch ihr Eingreifen immer wieder Aufsehen erregt. Auf ihrer Website führt die CDC eine Liste mit Krankheits-Zwischenfällen auf internationalen Kreuzfahrtschiffen. Natürlich wird auch in Deutschland die sogenannte Hafenstaatkontrolle durchgeführt, besteht ein Schiff die Tests nicht, droht ein Hafenverbot oder das Schiff wird festgesetzt. Das schreibt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur auf seiner Internetseite.

Ausländische Flaggen bringen auch Vorteile

In manchen Fällen bieten Schiffe, die unter ausländischer Flagge fahren, Passagieren jedoch auch Möglichkeiten, die ihnen unter deutscher Flagge verwehrt bleiben würden. Das wohl bekannteste Beispiel hierfür ist die Möglichkeit für Paare, sich an Bord eines Schiffes vom Kapitän trauen zu lassen. Dies ist nur unter sehr wenigen Flaggen möglich, lediglich Malta und Bermuda sowie unter bestimmten Auflagen die Bahamas erlauben Vermählungen durch Kapitäne auf hoher See. Paare, die sich an Bord der Mein Schiff  Flotte trauen lassen wollen, haben dementsprechend gute Karten: Nicht nur, dass aufgrund der Flagge Maltas, unter der die Schiffe fahren, eine Vermählung möglich ist, da Malta zur EU gehört, wird Ehe sofort in Deutschland anerkannt! Wünschen Sie weitere Informationen? Dann schauen Sie sich doch einmal unseren Beitrag zum Thema Heiraten an Bord an!