Hohe Inflation, steigende Zinsen, Corona und der Krieg in der Ukraine – wie geht es weiter an den Börsen? Lesen Sie hier wichtige Themen für Anleger von Aktien 2022: Tipps, Empfehlungen, Prognose & mehr.
Was Anfang 2022 eher wenige Experten voraussagten, ist nun zumindest in den USA eingetroffen: Die Aktien des S&P 500 befinden sich in einem Bärenmarkt. Minus 21 Prozent bedeutet die schlechteste Performance in einem ersten Halbjahr seit 1970. Auch für deutsche Anleger wird die zunehmend schwierige Stimmung in den Portfolios sichtbar. Neben dem S&P 500 haben auch Osteuropa-Aktien, britische Middle-Cap-Unternehmen und globale Tech-Aktien mehr als 20 Prozent verloren. Was bedeuten diese Entwicklungen für die Aktien 2022? Folgt nun ein flächendeckender Aktien-Crash? COMPUTER BILD liefert wichtige Tipps und Empfehlungen.
Das Börsenjahr 2022 steht im Zeichen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, der für große Unsicherheit auf den Märkten sorgt. Insbesondere in Deutschland wächst mit Blick auf den kommenden Herbst und Winter die Sorge über eine anhaltende Gasknappheit wegen eines befürchteten Lieferstopps durch Russland. Diese Angst schlägt sich an der Börse nieder. Auch die Pandemie ist nicht vorbei und hinterlässt weiter ihre Spuren in den globalen Lieferketten und insbesondere im strategisch zentralen Punkt China. In der Folge zieht die Inflation – nicht zuletzt angetrieben von den hohen Energiepreisen – weiter an. Im Juni 2022 lagen die Verbraucherpreise in Deutschland um 7,9 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Auch in den USA sind die Verbraucherpreise zuletzt (Mai 2022) auf 8,6 Prozent gestiegen. Weltweit beginnen die Notenbanken, aus ihrer Nullzins-Politik auszusteigen. Nach dem die US-Notenbank (Fed) bereits im März den Leitzins anhob, legte die Notenbank nun nochmal nach und erhöhte ihn Mitte Juni auf eine Spanne von 1,5 Prozent bis 1,75 Prozent. Die Erhöhung der Leitzinsen in vielen Ländern wird sich nachhaltig auf die Börsen weltweit auswirken. Denn durch die Erhöhung des Leitzinses steigen in der Folge die Zinsen am Kapitalmarkt. Für institutionelle Anleger wird dann das klassische Kapitalmarktgeschäft in Form von Krediten attraktiver, während private Anleger mittelfristig mit langsam steigenden Zinsen für Tages- und Festgeldkonten rechnen dürften. Auch wenn viele Aktien kurzfristig unter den steigenden Zinsen leiden dürften, begrüßen auch Kapitalmarkexperten wie Robert Halver von der Baader Bank im Gespräch mit der Deutschen Welle die schnelle Entscheidung der Notenbanken, weil die Senkung der Inflation langfristig die Bedingung für wirtschaftliches Wachstum überhaupt darstellt.
Trotz der hohen Unsicherheiten sind Experten weiterhin optimistisch für Aktien 2022. So gehen etwa die Strategen von Russell Investments davon aus, dass die globalen Märkte im Jahr 2022 ein moderat über dem Trend liegendes Wachstum erzielen werden – trotz einer Reihe kurzfristiger Risiken und längerfristiger Probleme, die durch den Krieg Russlands in der Ukraine entstanden sind. „Die Märkte hatten vor der Invasion viel Grund zur Sorge, einschließlich der beginnenden Straffung der Geldpolitik der US-Notenbank, der Auswirkungen der COVID-19-Sperren auf Lieferketten und Inflation sowie dem Wirtschaftsausblick für China“, sagte Andrew Pease, globaler Leiter der Anlagestrategie bei Russell Investments. „Wir gehen davon aus, dass sich das globale Wachstum nach dem sprunghaften Anstieg im Jahr 2021 abschwächen wird, aber 2022 über dem Trend liegen wird. Die Folgen der Invasion sind ein geringeres globales Wachstum, von dem Europa am stärksten betroffen ist, sowie eine höhere Inflation.“ Auch hinsichtlich der unmittelbaren Aktien-Prognose für die nächsten Monate, äußersten sich die Strategen von Russell Investments sich zuletzt vorsichtig optimistisch. Gemäß des Russel Investment Composite Sentiment Index sind die US-amerikanischen Märkte bereits überkauft. Die Märkte, so die Experten, haben die schlechten Nachrichten in Form von Krieg und Corona bereits eingepreist, sodass eine baldige Besserung möglich ist. Aber auch eine Panik mit unkontrollierten Abverkäufen sei nicht ausgeschlossen. Dann würden langfristig orientierte Anleger trotzdem profitieren – zumindest, wenn man die historischen Daten aus vergangenen Bärenmärkten zugrunde legt. So legte beispielsweise der S&P 500 nach dem Einbruch 1970 in der zweiten Jahreshälfte um 27 Prozent zu. » Robo Advisor 2021: 8 digitale Vermögensverwalter im Vergleich Die Corona-Krise erwies sich als Katalysator für Digitalisierungsprozesse in der Industrie. Immer mehr Unternehmen wollen von IoT-Technologien und KI Gebrauch machen und suchen nach digitalen Lösungen für ihre Produktion und die Steuerung ihrer Geschäftsprozesse. Das wird den Technologiesektor und insbesondere Softwarefirmen und IT-Dienstleister weiter beflügeln. So wird etwa die Microsoft-Aktie von vielen Analysten zum Kauf empfohlen. Experten sehen enorme Wettbewerbsvorteile für Microsoft – sowohl in seinen Office-Produkten für Konsumenten und Geschäftskunden sowie in seinen Cloudanwendungen. In den vergangenen Jahren ist Microsoft erfolgreich von einem traditionellen Lizenzmodell auf ein Abonnement-Modell umgestiegen. Es produziert einen starken freien Cashflow und verfügt über eine solide Bilanz. Alternative: Amazon mit seinen Cloud-Services. Der von Amazon im Juni durchgeführte Aktiensplit brachte die Aktie wieder ins Gespräch. Auch der Fintech-Bereich gewinnt stärker an Bedeutung. Während traditionelle Banken und Finanzinstitute mit niedrigen Zinsen kämpfen, stärken weltweit Start-ups mit innovativen Lösungen ihre Position bei Endkunden. Unternehmen wie Revolut werden zwar noch nicht an der Börse gehandelt, sind aber heute bereits mit mehr als 30 Milliarden Euro von Investoren bewertet. Das Fintech-Urgestein PayPal hatte zuletzt zwar mit massiven Kursverlusten zu kämpfen. Für die Zukunft sehen Experten Paypal jedoch in einer starken Position. Alternative: der Bezahldienst Square, dessen Aktie zuletzt in der allgemeinen Krise der Tech-Branche um 50 Prozent einbrach. Auch Kryptowährungen befinden sich aktuell in einer Krise, bleiben aus der Finanzlandschaft vorerst aber nicht wegzudenken – insbesondere in Gestalt der großen Kryptobörsen. So plant aktuell Kraken einen Börsengang, nachdem Coinbase 2021 den IPO wagte. Innerhalb des letzten Jahres verlor die Aktie aber knapp 70 Prozent ihres Werts und auch die Umsätze sanken im 1. Quartal 2022 deutlich um rund 35 Prozent.
Angesichts des Krieges in Europa und der gestiegenen Preise für Diesel und Benzin kommt noch mehr Dynamik in den Übergang von der fossilen zur Elektromobilität. Bereits vor dem Anstieg der Energiepreise gab es Prognosen, wonach im Jahr 2022 weltweit jeder zehnte Neuwagen ein E-Auto sein sollte. Von dem Nachfrageschub könnten die Aktien von Tesla, Volkswagen oder BYD profitieren – den drei größten Herstellern von Elektroautos weltweit. Alternativ sind die Titel von Batterieherstellern wie Varta oder auch Wasserstoffaktien einen Blick wert. Nicht nur die USA planen, in den kommenden Jahren große Summen in ihre teils marode Infrastruktur zu investieren: Weltweit werden Staaten reichlich Geld in die Hand nehmen, um ihre Konjunktur in Schwung zu bringen und es auch in Infrastrukturprojekte stecken. Dies könnte die Nachfrage nach Bau- und Zementaktien wie CRH oder Lafargeholcim beflügeln. Auch der Ausbau des weltweiten 5G-Mobilfunknetzes ist ein interessantes Anleger-Thema. Die schweizerische Großbank Credit Suisse sieht hier besonders die Ericsson-Aktie als aussichtsreich. Übrigens: Credit Suisse erwartete bereits vor dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, dass die Rüstungsausgaben weiter steigen werden. Das werde der Bank zufolge Aktien von Unternehmen wie BAE Systems beflügeln könnte. Die drei größten Rüstungskonzerne der Welt sind: Lookheed Martin, Boeing und Raytheon.
Obwohl der Krieg in der Ukraine aktuell die Nachfrage nach Rüstungsaktien antreibt, bleibt doch auch die Nachfrage nach nachhaltigen und klimafreundlichen Kapitalanlagen, die in den vergangenen zwei Jahren enorm an Popularität gewonnen haben, hoch. Die Flutkatastrophe im vergangenen Jahr hat noch einmal deutlich gemacht, wie teuer Deutschland der Klimawandel zu stehen kommt. Immer mehr staatliche Mittel werden in den Klimaschutz fließen, nicht nur in Deutschland und Europa, sondern zum Beispiel auch in den USA. Im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 als Ziel verankert. Versorger, denen der Umstieg auf erneuerbare Energien gelingt – wie RWE oder EDP – könnten von dieser Entwicklung profitieren. Auch Aktien aus dem Bereich Erneuerbare Energien sind bei Anlegern gefragt, zum Beispiel: die Windturbinen-Hersteller Nordex, Vestas und Siemens Gamesa, der Solar- und Windpark-Betreiber Encavis oder der Biokraftstoffhersteller Verbio. Wer beim Thema nachhaltige Geldanlage nicht auf einzelne Aktien 2022, sondern auf den Trend setzen will, kann sich auch für einen oder mehrere Fonds entscheiden, die sich nach ökologischen und sozialen Kriterien sowie guter Unternehmensführung (ESG-Kriterien) ausrichten. Die Zahl der in Deutschland zugelassenen ESG-Fonds steigt stetig an. Im vergangenen Jahr hat die Ratingagentur Scope ermittelt, dass von den in Deutschland zum Vertrieb zugelassenen Aktienfonds (mehr als 5.100) mehr als jeder vierte (28,1 Prozent) nachhaltig ist. Der Überblick zeigt: Die immer noch bestehende Pandemie sowie Russlands Krieg in der Ukraine bringen viel Unsicherheit und halten die Märkte in Bewegung. Es spricht einiges dafür, dass 2022 bis zum Jahresende ein turbulentes Börsenjahr bleiben wird. Mit relativ großer Sicherheit dürfte das Thema klimafreundliche Geldanlage dabei nicht nur ein Aktientrend 2022 bleiben, sondern die Anleger auch weit darüber hinaus beschäftigen. Grade für Neueinsteiger ist der Zeitpunkt so gesehen günstig, denn viele Papiere werden wegen der Bärenstimmung am Markt nun unter ihrem Potenzial gehandelt werden. Welche Aktien 2022 als Gewinner verlassen werden, müssen allerdings die nächsten Monate zeigen. Private Anleger sind also weiterhin mit einem diversifizierten Portfolio und einer „Buy & Hold“-Strategie am besten beraten. Wer einen ETF oder Aktien kaufen möchte, der braucht ein Wertpapier-Depot. Einen Vergleich der wichtigsten Anbieter finden Sie in der Tabelle unten, weitere ausführliche Informationen im Depot-Vergleich. Welche Handelsplätze sind verfügbar? Zahl der handelbaren Aktien, ETFs, Fonds, Sparpläne, Kryptowerte Aktien am Wochenende handeln bei Lang & Schwarz Wie hoch ist das Mindestordervolumen? Web-Anwendung / Trading-App
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