Wie lange kann ich noch Euro 5 Diesel fahren?

Die wichtigsten Fragen und Antworten

Wegen ihrer Lage im Talkessel gilt Stuttgart als besonders anfällig für hohe Feinstaubkonzentrationen. An Tagen mit besonders hohen Werten gibt es den so genannten Feinstaubalarm und an diesen Tagen gelten ab 2018 auch Fahrverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge in der Stuttgarter Innenstadt.

In Stuttgart sind von der Regelung alle Dieselfahrzeige betroffen, die nicht die aktuell gültige Euro-6b-Abgasnorm erfüllen. Diese wurde im September 2015 EU-weit eingeführt und alle seither verkauften Neuwagen müssen die Grenzwerte der Norm einhalten. Damit könnte ein im August 2015 produziertes und verkauftes Auto mit Euro-5-Norm und noch nicht mal drei Jahre alt vom Fahrverbot betroffen sein.

Bei den bisherigen Plaketten für Umweltzonen ändert sich vorerst nichts. Wer eine grüne Plakette an seinem Fahrzeug hat, darf weiterhin in die Umweltzonen der Städte einfahren, außer eben in Stuttgart!

Bislang sollen die Fahrverbote nur in Großstädten kommen. Wer auf dem Land wohnt und kaum in Großstädte fahren muss, kann seinen Euro 5 weiterfahren und muss sich jetzt nicht ein Auto mit einem anderen Motor kaufen.

Ab September 2017 werden zusätzlich die Abgaswerte unter realen Fahrbedingungen ermittelt, die die so genannten "Real driving emissions" (RDE), zunächst allerdings nur zur Information. Erst ab Januar 2019 ist die Messung unter realen Fahrbedingungen dann maßgeblich. Zu Beginn dürfen diese Werte noch das 2,1-Fache der Prüfstandswerte betragen, ab 2021 noch das 1,5-Fache.

Umweltverbände, wie die Deutsche Umwelthilfe DHU, sind sehr klagefreudig und werden wohl die Gerichte so lange bemühen, bis alle Kommunen die EU-Grenzwerte für Stickoxid-Konzentrationen in den Innenstädten einhalten. Da Fahrverbote in der geplanten Form möglicherweise kaum etwas bringen, könnten dann in manchen Städten sogar alle Dieselfahrzeuge betroffen sein.

Sollten Dieselfahrzeuge in einzelnen Städten oder gar bundesweit nicht mehr in die Innenstadtbereiche fahren dürfen, droht tatsächlich ein hoher Wertverlust beim Verkauf. Betroffen sind in Stuttgart beispielsweise davon schon jetzt noch recht junge Gebrauchtwagen, die nur die die Euro-5-Abgasnorm erfüllen.

Mit einer Mischung aus Harnstoff und Wasser, dem so genannten AdBlue, das in die Abgase eingespritzt wird, lassen sich die Stickoxide wirkungsvoll eliminieren. Diese Technik zur Abgasbehandlung funktioniert jedoch nur bei Temperaturen von rund 200° C gut und sollte deshalb nah am Motor erfolgen. In modernen Motorräumen ist dafür aber kaum noch Platz. Außerdem sei die Umrüstung technisch und wirtschaftlich kaum zu machen, heißt es aus der Autobranche.

Immerhin sei einem Zulieferer, dem Abgasspezialisten TwinTec, die Nachrüstung eines VW-Passat Diesel, Baujahr 2014, von Euro 5 auf Euro 6 gelungen. Die Firma sagt, sie könne das auch für andere Motoren machen. Die Preise für die Nachrüstung dürften zwischen 1.000 und 1.500 Euro liegen. Ob dies eine Lösung für alle Dieselmodelle sein kann, muss sich in der Praxis noch zeigen.

Auch in der Automobilindustrie gibt es Bestrebungen, Nachrüstmöglichkeiten zu schaffen. So will beispielsweise VW eine Allianz der Autobauer schaffen, um eine gemeinsame Lösung zu finden. VW setzt dabei auch auf seine Erfahrungen, die mit dem Nachrüsten der Dieselfahrzeuge in den USA gesammelt werden können.

Sollte künftig die blaue Plakette kommen, sind von den dann angestrebten Normen und Grenzwerten auch mindestens drei Millionen Benziner betroffen. Problem sind die Direkteinspritzer, die zu viele Feinstaubpartikel produzieren. Immer mehr Hersteller setzen deshalb auch in Benzinern inzwischen Partikelfilter ein.

Außerdem stoßen Benziner durch den höheren Kraftstoffverbrauch deutlich mehr CO2 aus, womit die nächsten EU-Norm-Verstöße drohen.

Bei Fahrten in die Innenstädte sollte man, wo und wann immer möglich, auf das Auto verzichten und den öffentlichen Nahverkehr, Park & Ride-Plätze oder das Fahrrad nutzen.

Fahrzeuge mit Gasantrieb lohnen die Anschaffung meist nur bei hohen Laufleistungen. Das Tankstellennetz ist noch sehr dünn und die scheinbar gute CO2-Bilanz wird durch umstrittene Verfahren bei der Gasgewinnung getrübt.

Elektro-Autos sind für die meisten Autofahrer noch keine Alternative, da die begrenzte Reichweite und das noch unzureichende Netz an Ladestationen die Nutzung deutlich einschränken.

Plug-in-Hybrid-Modelle könnten eine kurzfristige Lösung sein, da sie mit dem vorhandenen Verbrennungsmotor längere Reichweiten haben und mit rein elektrischen 30 bis 40 Kilometern in den meisten Innenstädten für Fahrten hinein und hinaus ausreichend sind. Doch im realen Betrieb sind die Plug-in-Hybride laut ADAC auch nicht so sauber und sparsam, wie die Hersteller versprechen.

Außerdem wird bei allen elektrisch betriebenen Fahrzeugen die Umweltbilanz durch die Stromerzeugung beispielsweise mit Kohle und die Herstellung und das Recycling der Akkus sehr stark verschlechtert.

Stick­stoff­belastung. Selbst in der Cornelius­straße in Düssel­dorf sinkt die Konzentration giftigen Stick­oxids in der Luft. Das vor Jahren von Umwelt­schützern und Gerichten geforderte Fahr­verbot für Autos mit älterem Diesel­motor kommt wohl nicht mehr. © picture alliance / dpa/ Martin Gerten

Umwelt­schützer erzwangen vor Gericht Fahr­verbote für ältere Autos mit Diesel­motor. Jetzt ist die Luft wieder sauberer. Erste Fahr­verbote sind schon wieder aufgehoben.

Wie kam es zu Dieselfahr­verboten?

Auf Klagen der Deutschen Umwelt-Hilfe hin urteilte das Bundes­verwaltungs­gericht: Wo die Stick­oxid­konzentration in der Luft die EU-Grenz­werte über­schreitet, müssen die Länder ihre Luft­reinhaltepläne verschärfen und solche Gebiete für Autos und Lastwagen mit hohem Ausstoß des giftigen Gases sperren. Die beiden Grund­satz­urteile vom 27. Februar 2018 (Aktenzeichen 7 C 26.16 und Aktenzeichen 7 C 30.17) verpflichten die Behörden in Baden-Württem­berg und Nord­rhein-West­falen, die Luft­reinhaltepläne für Stutt­gart und Düssel­dorf so zu verschärfen, dass die Grenz­werte vor allem für Stick­oxid und Fein­staub so bald als möglich einge­halten werden. Das Bundes­immissions­schutz­gesetz schreibt entsprechende Maßnahmen vor, wenn die Schad­stoff­grenz­werte in der Luft über­schritten werden. Unstrittig ist, dass ein Groß­teil der Stick­oxide und des Fein­staubs in stark belasteten Innen­städten aus Diesel­motoren von Autos und Lastwagen stammen. Deshalb werden die verschärften Luft­reinhaltepläne nach den Urteilen des Bundes­verwaltungs­gerichts auch Fahr­verbote enthalten müssen.

Wo gelten Dieselfahr­verbote?

Berlin
Alt-Moabit zwischen Gotzkow­sky- und Beussel­straße
Herr­mann­straße zwischen Emser Straße und Silber­stein­straße
Leipziger Straße zwischen Leipziger Platz und Charlotten­straße
Silber­stein­straße zwischen Hermann­straße und Karl-Marx-Straße

jeweils für Autos mit Diesel­motoren bis Schad­stoff­klasse Euro 5 gesperrt, Anlieger frei. Die Fahr­verbote auf Brücken­-, Friedrich-, Reinhardt­straße und Strom­straße sind wieder aufgehoben. Die übrigen Fahr­verbote sollen aufgehoben werden, wenn die Stick­oxidbelastung unter 30 Mikrogramm je Kubik­meter Luft sinkt, damit der Grenz­wert von 40 Mikrogramm auch bei zunehmendem Verkehr und ungüns­tiger Witterung einge­halten wird.

Darm­stadt
Hügel­straße
Heinrich­straße

jeweils für Autos mit Diesel­motoren bis Schad­stoff­klasse Euro 5 und für Autos mit Benzin­motoren bis Schad­stoff­klasse Euro 2

Hamburg
Max-Brauer-Allee zwischen Julius-Leber-Straße und Hols­tenstraße für Autos mit Diesel­motoren bis Euro 5
Strese­mann­straße für Kraft­fahr­zeuge ab 3,5 Tonnen zulässiges Gesamt­gewicht

Stutt­gart
Gesamte Umwelt­zone für Autos mit Diesel­motoren bis Schad­stoff­klasse Euro 5

Warum sind nicht die weiteren von Umwelt­schützern und Gerichten geforderten Fahr­verbote gekommen?

Die Konzentration von Stick­oxid in der Luft ist inzwischen gesunken und liegt viel seltener als bisher über dem EU-Grenz­wert von 40 Mikrogramm je Kubik­meter Luft, berichtet das Umweltbundesamt. Neue Fahr­verbote werden dadurch weniger dringend und entsprechend unwahr­scheinlicher. Nach Einschät­zung von test.de werden auch sie auch an etlichen Stellen nicht kommen, wo die Verwaltungs­gerichte den Behörden rechts­kräftig aufgegeben hatten, Fahr­verbote konkret zu prüfen. An etlichen Stellen allerdings registrieren die Mess­stellen zeit­weise immer noch Stick­oxid­konzentrationen jenseits des Zulässigen. Klar: Wo der Stick­oxid-Grenz­wert inzwischen einge­halten wird, sind geltende Fahr­verbote über kurz oder lang wieder aufzuheben.

Wie haben sich die Behörden verhalten?

Keine einzige Behörde hat von sich aus ein Dieselfahr­verbot verhängt. Sie kamen nur, wo die Deutsche Umwelt­hilfe dies mit Klagen vor den Verwaltungs­gerichten erzwungen hat. Zuweilen half nicht mal das. Die Behörden in Baden-Württem­berg und Bayern zahlten sogar Zwangs­gelder, weil sie die Verwaltungs­gerichts­urteile nicht umsetzten.

Haben sich die EU-Gerichte inzwischen zu Fahr­verboten geäußert?

Ein Urteil direkt zu Fahr­verboten hat bisher kein EU-Gericht gefällt. Allerdings hatte das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg indirekt Stellung genommen. Nach dem im Dezember 2018 verkündeten Urteil waren selbst­verständlich Fahr­verbote zu verhängen, wenn es nötig ist, um die Schad­stoff­grenz­werte in der Luft einzuhalten. Es erklärte auf eine Klage der Städte Paris, Brüssel und Madrid eine Verordnung der EU-Kommis­sion für nichtig. Darin hatte die Kommis­sion für den Schad­stoff­ausstoß im Fahr­betrieb erheblich höhere Grenz­werte aufgestellt, als EU-Parlament und -Rat sie zuvor fest­gesetzt hatten.
Gericht der Europäischen Union, Urteil vom 13.12.2018
Aktenzeichen: T-339/16, T-352/16 und T-391/16

Dieses Urteil hat der Europäische Gerichts­hof inzwischen aufgehoben. Zur Wirk­samkeit der von EU-Kommis­sion aufgeweichten Regeln äußerte sich das Gericht gar nicht mehr. Es urteilte: Die Städte waren nicht berechtigt, gegen die Regel­änderung zu klagen. Grund: Sie können ja für Autos mit hohem Stick­oxid-Ausstoß Fahr­verbote verhängen. Mit anderen Worten: Auch der Europäische Gerichts­hof geht davon aus, dass Dieselfahr­verbote zulässig sind.
Europäischer Gerichts­hof, Urteil vom 13.01.2022Aktenzeichen: C-177/19 P, C-178/19 P und C-179/19 P

Einzel­heiten in der Pressemitteilung des Gerichts

Wie hatte sich die Bundes­regierung verhalten?

Die Bundes­regierung wollte Fahr­verbote verhindern. Sie beschloss dazu eine ganze Reihe von Maßnahmen beschlossen. Im Einzelnen:

Kein Verbot. Autos mit Schad­stoff­klasse Euro 4 und Euro 5 werden von Fahr­verboten verschont, wenn sie weniger 270 Milligramm Stick­oxid je Kilo­meter Fahrt ausstoßen. Entsprechend nachgerüstete Autos dürfen auch in Fahr­verbots­zonen weiterfahren.

Tausch­prämie. Besitzer von Autos mit Euro 4 oder Euro 5 und über 270 Milligramm Stick­oxid-Ausstoß je Kilo­meter sollen eine Tausch­prämie erhalten. Voraus­setzungen: Sie wohnen in einer Stadt mit Dieselfahr­verboten. Oder Sie arbeiten dort und wohnen in einem angrenzenden Land­kreis. Oder Sie würden von einem Fahr­verbot aus anderem Grund besonders hart getroffen. Die Tausch­prämie soll den besonderen Wert­verlust ausgleichen, den Autos mit Diesel­motor durch die Debatte um ihren Schad­stoff­ausstoß erlitten haben. Sie soll auch für den Kauf eines sauberen Gebraucht­wagens einge­setzt werden können.

Nach­rüstungs­option. Sofern es sich um einen Wagen mit Euro 5 handelt, soll der Besitzer zusätzlich die Option auf Nach­rüstung haben. Die Hersteller selbst weigern sich, Nach­rüst­technik zu entwickeln. Mercedes, BMW und VW sind jedoch bereit, für Auto­fahrer in Dieselfahr­verbots-Regionen die Kosten von bis zu 3 000 Euro zu über­nehmen, wenn sie nicht bereits mit Tausch­prämie einen neuen Wagen bekommen haben.

Busse und Müll­wagen. Für die Nach­rüstung von schweren Kommunalfahr­zeugen wie Müll­wagen oder Straßenreinigungs­maschinen und für Hand­werker und Lieferfahr­zeuge soll es einen Zuschuss von 80 Prozent der Kosten geben. Das Kraft­fahrt­bundes­amt hat inzwischen eine ganze Reihe von Nachrüsttechniken zugelassen.

Begrenzter Wirkungs­kreis der Maßnahmen. Recht­lich gewagt: Die Maßnahmen galten nur für Städte, in denen die bisherigen Messungen eine Belastung der Luft mit über 50 Mikrogramm Stick­oxid je Kubik­meter Luft ergeben haben. Die damalige Bundes­regierung ging davon aus, dass Städte mit einer Belastung der Luft von durch­schnitt­lich nicht mehr als 50 Mikrogramm je Kubik­meter Luft den EU-Grenz­wert ohne Verkehrs­beschränkungen einhalten können. Die Rechts­experten der Stiftung Warentest konnten das damals nicht nach­voll­ziehen. Der EU-Grenz­wert liegt bei 40 Mikrogramm Stick­oxid je Kubik­meter Luft. Die Behörden in Brüssel haben ohnehin schon ein Vertrags­verletzungs­verfahren gegen die Bundes­republik Deutsch­land einge­leitet. Das Ober­verwaltungs­gericht in Münster hat bereits entschieden: Die Regelung, wonach Fahr­verbote nur zulässig sind, wo 50 und mehr Mikrogramm Stick­oxid in der Luft sind, verstößt gegen EU-Recht und ist deshalb unwirk­sam.
Ober­verwaltungs­gericht für das Land Nord­rhein-West­falen, Urteil vom 01.07.2019
Aktenzeichen: 8 A 2851/18

Kritik von Verbraucherschützern. „Leider bleiben wichtige Fragen weiterhin offen und zentrale Punkte vage“, hatte Klaus Müller moniert, damals noch Vorstand des Verbraucherzentrale Bundes­verband (vzbv). Vor allem blieb unklar, ob es einen individuellen Anspruch auf Nach­rüstung gibt. Die Deutsche Umwelt­hilfe (DUH) hatte den Regierungs­plan sogar als „doppelte Null­lösung“ bezeichnet. Die Rege­lungen waren aus sich des Umwelt­verbands nicht ausreichend, um Gesundheit und Umwelt so zu schützen, wie die EU-Grenz­werte es verlangen.

Was war mit der Regelung im Bundes­immissions­schutz­gesetz, wonach Fahr­verbote nur zulässig sind, wenn 50 oder mehr Mikrogramm Stick­oxid je Kubik­meter Luft gemessen werden?

Die Regelung des § 47 Absatz 4a Satz 1 Bundesimmissionsschutzgesetz, die der Bundes­tag verabschiedet hatte, um Fahr­verbote zu verhindern, verstößt gegen EU-Recht und ist unwirk­sam. So hat es das nord­rhein-west­fälische Ober­verwaltungs­gericht entschieden. Zuvor hatten bereits zahlreiche Juristen das so gesehen. Gegen Deutsch­land läuft in Brüssel bereits ein Vertrags­verletzungs­verfahren wegen unzu­reichender Umsetzung der Luft­reinhalte-Richt­linien. Gleich­wohl: Die Regelung steht immer noch im Gesetz.
Ober­verwaltungs­gericht für das Land Nord­rhein-West­falen, Urteil vom 31.07.2019
Aktenzeichen: 8 A 2851/18

Kann ich meinen Euro 4- oder Euro 5-Diesel so nach­rüsten lassen, dass ich trotz Fahr­verbot weiterfahren darf?

Für einige Euro 5-Diesel ist die Nach­rüstung möglich, für Euro 4-Diesel generell nicht. Für die etliche Audi-, BMW-, Mercedes-, Seat-, Skoda-, Volvo- und VW-Modelle mit TDI-Motoren hat das Kraft­fahr­bundes­amt inzwischen Bausätze genehmigt. Der Stick­oxid-Ausstoß sinkt durch die Nach­rüstung auf maximal noch 270 Milligramm je Kilo­meter Fahrt.

Beachten Sie: Das Gesetz, wonach nachgerüstete Diesel mit einem Ausstoß von bis zu 270 Mikrogramm Stick­oxid je Kilo­meter trotz Dieselfahr­verbot weiterfahren dürfen, könnte gegen EU-Recht verstoßen. Für die Regelung, wonach Dieselfahr­verbote erst ab einer Belastung der Luft mit 50 und mehr Mikrogramm Stick­oxid verhängt werden sollen, hat das Ober­verwaltungs­gericht in Münster bereits so entschieden (s. o. Antwort auf die Frage „Was ist mit der Regelung, wonach Fahr­verbote erst ab 50 Mikrogramm Stick­oxid je Kubik­meter Luft zulässig sind?“). Ob die Regelung mit der freien Fahrt für nachgerüstete Motoren trotz Über­schreitung der EU-Abgas­grenz­werte für Stick­oxid noch vor Gericht kommt, ist allerdings nicht absehbar. test.de glaubt da inzwischen nicht mehr dran.

Was kostet eine solche Nach­rüstung?

Laut ADAC kostet die Nach­rüstung von Euro 5-Diesel­motoren mindestens knapp 1 500 Euro. Der Anbieter des für BMW-, Mercedes- und Volvo-Modelle zugelassenen Systems nennt durch­schnitt­liche Kosten von 3 000 bis 3 600 Euro einschließ­lich Einbau. Für einen VW Passat nennt der Anbieter der bisher einzigen für diesen Auto­typ zugelassenen Technik einen Preis von 1 479 Euro. Hinzu kommen noch rund 300 Euro, die für den Einbau an die Werk­statt zu zahlen sind. Zumindest alle Vertrags­werk­stätten des jeweiligen Herstel­lers sollen ihn vornehmen können.

Bekomme ich Geld vom Hersteller oder vom Händler für die Nach­rüstung?

Jenseits von Berlin, Darm­stadt, Hamburg und Stutt­gart und ihren fort­bestehenden Fahr­verboten: Wohl kaum. BMW, Mercedes und VW haben versprochen, Besitzern betroffener Autos in Fahr­verbots­regionen bis zu 3 000 Euro für die Nach­rüstung zu zahlen. Die Förderung hängt aber von einer ganzen Reihe von Bedingungen ab.

Bei Autos mit illegaler Motorsteuerung oder bei Kredit­finanzierung haben Sie die Chance, recht­lich gegen Händler oder Hersteller vorzugehen, und so den Wagen komplett loszuwerden. Einzel­heiten dazu unter test.de/abgasskandal. Haben Sie Ihren Wagen mit einem Kredit finanziert, können Sie den Wagen nicht selten über den Widerruf des Kredit­vertrags noch wieder loswerden. Details dazu in unserer Meldung Autofinanzierung: Kreditwiderruf bringt Chance auf Rückgabe.

Was passiert, wenn ich gegen ein Fahr­verbot verstoße?

Die Buße für eine verbotene Fahrt in eine Umwelt­zone liegt bei 80 Euro. Sogar 160 Euro sind fällig, wenn die zuständige Bußgeldbehörde oder der Richter davon über­zeugt sind, dass Sie vorsätzlich gehandelt haben, also bewusst gegen das Verbot verstoßen haben. Wer das Schild „Verbot für Kraftwagen“ nicht beachtet hat, zahlt dagegen stets nur 20 oder – mit Anhänger oder mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamt­gewicht – 25 Euro.

Wie groß ist das Risiko, erwischt zu werden?

Das sollte für Sie keine Rolle spielen. Verbote gelten auch dann, wenn Verstöße nicht verfolgt werden. Das Bußgeldrisiko lässt sich – wie bei Verstößen gegen Verkehrs­regeln sonst auch – kaum einschätzen und wird von Ort zu Ort unterschiedlich sein. Polizei­beamte haben im Vorfeld erklärt, sie sähen sich nicht in der Lage, Fahr­verbote effektiv zu kontrollieren, da für sie oft nicht zu erkennen sei, ob ein Auto mit einem Diesel­motor neuester Bauart ausgestattet sei. Die Polizei in Hamburg hat Verkehrs­kontrollen vorgenommen und zahlreiche Bußgeld­verfahren einge­leitet.

Was kann ich tun, wenn ich aufs Auto angewiesen bin und wichtige Ziele nicht mehr erreiche?

Wenn Sie nicht auf Fahr­rad, Bus oder Bahn ausweichen können, sollten Sie nach­fragen, ob die Behörde zu Ihren Gunsten eine Ausnahme macht oder Ihnen eine Über­gangs­frist einräumt. Vielleicht werden Sie das Fahr­verbot auch durch Nach­rüstung ihres Wagens abwenden können. Ansonsten bleibt Ihnen nur, sich ein anderes Auto anzu­schaffen, für das kein Fahr­verbot gilt. Vielleicht finden Sie in einer Gegend ohne Fahr­verbote jemanden, der seinen Wagen mit Ihnen tauscht.

Bekomme ich eine Entschädigung, wenn ich in vielen Innen­städte nicht mehr fahren darf?

Mit Entschädigungen können Sie als Besitzer eines von Fahr­verboten betroffenen Diesel-Autos nicht rechnen. Den mit Fahr­verboten verbundenen Wert­verlust müssen sie hinnehmen, erklärten die Richter am Bundes­verwaltungs­gericht in ihrem Grund­satz­urteil zum Thema (s. o. die Antwort zur Frage: Wie kam es zu Diesel-Fahr­verboten?). Dafür dürfen Fahr­verbots­zonen erst für Autos verhängt werden, die mindestens vier Jahre alt sind. Vom Verkäufer und unter Umständen auch vom Hersteller des Wagens können Sie nur dann Erstattung vom Kauf­preis verlangen, wenn es sich um einen Wagen mit illegaler Motorsteuerung handelt. Einzel­heiten erläutern wir in unseren FAQ zum Dieselskandal. Haben Sie Ihren Wagen mit einem vom Händler vermittelten Kredit finanziert, können Sie den Wagen fast immer über den Widerruf des Kredit­vertrags noch wieder loswerden. Details dazu in unserem Bericht Autofinanzierung: Kreditwiderruf bringt Chance auf Rückgabe.

  • 02.06.2022 - Auto­hersteller haben illegal getrickst. Sie müssen Käufer betroffener Autos entschädigen. Neu: EuGH-Anwalt sieht Recht auf Entschädigung bei fast allen älteren Diesel.

  • 21.04.2022 - Ab 8 Punkten in Flens­burg ist man den Führer­schein los. Die Punkte verfallen aber nach einiger Zeit. Seit 2021 gilt ein neuer Bußgeldkatalog.

  • 30.08.2019 - Der Rechts­dienst­leister Myright.de will europäischen Käufern von VW-Skandal­autos zu Schaden­ersatz verhelfen. Myright.de hat wegen der Forderungen von 40 000...

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