Ab wann Englisch in der Grundschule Niedersachsen

Erstellt: 10.05.2018Aktualisiert: 15.11.2019, 14:07 Uhr

KommentareTeilen

Ab wann Englisch in der Grundschule Niedersachsen

© dpa

Der Englischunterricht zählt in deutschen Grundschulen bereits seit 2006 zu den Pflichtfächern und ist seitdem Thema vieler Diskussionen.

Während die frühzeitige Spracherziehung von zahlreichen Pädagogen befürwortet wird, bemängelnd andere Fachleute eine zu hohe Belastung, der nicht alle Schüler gewachsen sind. Anlässlich einer im Jahr 2015 durchgeführten Studie waren jedoch circa 80 Prozent aller Grundschüler mit dem Englischunterricht zufrieden und bezeichneten die Sprachübungen als "cool".

Große Unterschiede bei Englischkenntnissen von Grundschülern

Wissenschaftlern zufolge bestehen große Unterschiede hinsichtlich des Niveaus der Englischkenntnisse unter den Grundschülern. Sie fordern deshalb die Einführung verbindlicher Mindeststandards für den Englischunterricht in allen Bundesländern. Demnach geht derzeit an weiterführenden Schulen viel Unterrichtszeit verloren, um die Schüler im Englischunterricht auf einen gemeinsamen Lernstand zu bringen. Das Fach Englisch wird in 15 Bundesländern seit dem Schuljahr 2005/2006 an allen Grundschulen unterrichtet. Von dieser Regelung sind lediglich das Bundesland Saarland und die Grenzregionen von Baden-Württemberg sowie Rheinland-Pfalz ausgenommen, wo Französischunterricht in der Grundschule die Regel ist. Neben dem Englischunterricht gibt es an öffentlichen Grundschulen ein zusätzliches freiwilliges Sprachenangebot in Form von Arbeitsgemeinschaften. Nach Informationen des Bildungsministeriums wird der Sprachunterricht in Türkisch, Polnisch oder Kurdisch hauptsächlich von Schülern besucht, die diese Sprachen als Muttersprache sprechen. Zahlreiche private Bildungsinstitute bieten Grundschülern Spanisch als Wahlfach an. Die Entscheidung, ab welcher Grundschulklasse mit dem Fremdsprachenunterricht begonnen werden soll, ist selbst unter Bildungspolitikern umstritten.

Frühzeitiger Fremdsprachenunterricht als wichtige Schlüsselqualifikation

Vom Kultusministerium des Landes Baden-Württemberg wird der Beginn des Fremdsprachenunterrichts ab der dritten Klasse mit einer Empfehlung des Expertenrats "Herkunft und Bildungserfolg" begründet. In ihrer Entscheidung bezieht sich das Ministerium auf eine Schulstudie der Universität Dortmund. Diese hatte Leistungsschwächen bei Schülern, die bereits ab der ersten Klasse Englisch lernten, festgestellt. Die Einführung von Englischunterricht für Erstklässler wird allerdings in der Hansestadt Hamburg als erfolgreich bezeichnet, während für Grundschüler in Nordrhein-Westfalen die Fremdsprache erst ab der zweiten Klasse auf dem Stundenplan steht. Ist Englischunterricht in der Grundschule sinnvoll? Diese Frage lässt sich nicht einfach beantworten. Bildungsforscher sind der Meinung, dass der frühzeitige Fremdsprachenunterricht in der Grundschule eine entscheidende Basis für eine konstruktive Auseinandersetzung mit der kulturellen Vielfalt und der Mehrsprachigkeit innerhalb der Europäischen Union darstellt. Eine gute Alternative zum Erlernen der englischen Sprache sind Sprachreisen nach England. Schülersprachreisen mit Besuch eines Colleges und Unterbringung in englischen Gastfamilien liegen voll im Trend. Spezialisierte Veranstalter von Sprachreisen für Schüler zeichnen sich durch ihre perfekte Organisation sowie eine Rund-um-Betreuung aus und bieten neben dem reinen Sprachaufenthalt in England vielseitige Freizeitaktivitäten an. Bei der Erlernung von Fremdsprachen stellt die qualifizierte Wissensvermittlung durch die Lehrer eine wichtige Schlüsselqualifikation dar. Wenn Englisch in der Grundschule zum Erfolg werden soll, müssen die Lehrpläne allerdings an den Entwicklungsstand der Schüler angepasst werden. Viele Grundschüler sind mit dem Fremdsprachenunterricht in der Grundschule überfordert.

Schulstress und Überforderung durch Englischunterricht

In Nordrhein-Westfalen wird deshalb über eine Abschaffung des frühzeitigen Sprachunterrichts nachgedacht. Demnach ist das Schulministerium davon überzeugt, dass die Kernkompetenzen der Grundschüler hauptsächlich im Lesen, Rechnen und Schreiben bestehen. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse ließen die Schlussfolgerung zu, dass der frühe Englischunterricht in der Vergangenheit vermehrt zu Schulstress und Überforderung führte. Kritik am Englischunterricht der Grundschulen wurde sowohl von Eltern und Lehrern geäußert. Das Bildungsministerium kündigte indessen eine unabhängige Prüfung der Kritikpunkte an. Bei der Klärung geht es vor allem um die Beurteilung, ob Englischunterricht in der Grundschule ab dem ersten oder erst ab dem dritten Schuljahr sinnvoll ist. Englisch als erste Fremdsprache ist in allen Bundesländern Pflicht, wobei mit dem Englischunterricht noch vor 15 Jahren erst ab der fünften Klasse begonnen wurde. Mit der Vorverlegung des Sprachunterrichts waren nicht alle Pädagogen einverstanden. Die kontroverse Debatte drehte sich neben dem früheren Beginn des Englischunterrichts auch um Unterrichtsmaterialien, geeignete Vermittlungsmethoden und den Stellenwert der Fertigkeiten Sprechen, Hörverstehen, Leseverstehen und Schreiben. Experten befürworten Englischstunden in der Grundschule erst ab der dritten Klasse. Im Rahmen einer dreijährigen Untersuchung wurde der Kenntnisstand von Grundschülern am Ende der vierten Klasse ermittelt. Aufgrund der Auswertungen schlossen Wissenschaftler, dass es offensichtlich keinen erheblichen Unterschied darstellt, ob mit dem Englischunterricht bereits in der ersten Klasse oder erst im dritten Schuljahr begonnen wird. Von Wissenschaftlern wurden die kognitiven Fähigkeiten der Kinder, die im Schnitt 72 Prozent aller Aufgaben richtig lösten, hervorgehoben. Ein Leistungsunterschied zwischen Kindern mit Migrationshintergrund und Schülern mit deutschen Eltern konnte nicht festgestellt werden. Der Fremdsprachenunterricht in der Grundschule stellt demnach alle Kinder unabhängig von deren Herkunft vor die gleiche Herausforderung.

Strukturierte Lehrpläne notwendig

Das Ziel des Englischunterrichts, die Vermittlung englischer Sprachkenntnisse, kann nach Expertenmeinung ausschließlich durch einen gut strukturierten Lehrplan erreicht werden. Derzeit gäbe es jedoch große Unterschiede zwischen den Bildungsplänen einzelner Bundesländer, wie Fachleute behaupten. Dadurch entwickelten sich erhebliche Ungleichheiten, die bei einem Schulwechsel gravierende Auswirkungen haben können. Schüler verließen deshalb die Grundschule mit unterschiedlichen Englischkenntnissen. Dies stellt Lehrer an weiterführenden Schulen vor die Herausforderung, Kinder mit unterschiedlichen Lernerfahrungen im Englischunterricht auf einen einheitlichen Standard zu bringen. Das Ergebnis kann abhängig vom jeweiligen Schüler entweder Enttäuschung auslösen oder für Überforderung sorgen. Wissenschaftler empfehlen eine Harmonisierung des Übergangs von der vierten Klasse in die weiterführende Schule. Von Lehrern wird erwartet, dass Englisch als Fremdsprache auch lernschwachen Schülern vermittelt wird, damit die Kinder am Gymnasium nicht den Anschluss verlieren. Viele Pädagogen sind durch Klassen mit 30 bis 40 Schülern aus unterschiedlichen Nationen überfordert. Dennoch sind die Pädagogen bemüht, den Englischunterricht so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten. Im Ergebnis werden von den Lehrern jedoch mehr Förderkonzepte für den Grundschulunterricht erwartet und eine qualifizierte Hilfestellung hinsichtlich der Überprüfung des Lernstandes der Schüler befürwortet.

Inklusion
Alle öffentlichen Schulen sind inklusive Schulen. Sie ermöglichen allen Schülern einen barrierefreien und gleichberechtigten Zugang. Über die Schulform entscheiden die Eltern. In den öffentlichen Schulen werden Schüler mit und ohne Behinderung gemeinsam unterrichtet. Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf durch eine bestehende oder drohende Behinderung werden durch individuell angepasste Maßnahmen unterstützt. Die Leistungsanforderungen können dabei von denen der besuchten Schule abweichen. Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung kann in folgenden Förderschwerpunkten festgestellt werden:

  • Lernen
  • emotionale und soziale Entwicklung
  • Sprache
  • geistige Entwicklung
  • körperliche und motorische Entwicklung
  • Sehen
  • Hören

Prüfungsergebnisse
Eine detaillierte Auswertung der Ergebnisse der zentralen niedersächsischen Prüfungen wird fortlaufend online zur Verfügung gestellt. Unter www.nibis.de lassen sich so unter anderem der Notenspiegel und die Abiturnoten für ganz Niedersachsen und gegliedert nach den Regionalabteilungen der Niedersächsischen Landesschulbehörde abrufen.

Überblick Schulsystem Niedersachsen

Lesen Sie weiterführende Informationen zum Schulsystem in Niedersachsen:

Änderungen im Schuljahr 2017/2018 in Niedersachsen

Landeskonzept: Medienkompetenz in Niedersachsen - Ziellinie 2020
Menschen jeden Alters, vor allem aber Schülerinnen und Schüler sollen durch breit gefächerte Maßnahmen fit gemacht werden für den kompetenten Umgang mit digitalen Medien. Medienkompetenz und -bildung soll im Unterricht verankert werden und den Schülern Fähigkeiten vermitteln, die auf eine spätere Berufstätigkeit in einer zunehmend digitalisierten Welt vorbereiten. Das Landeskonzept sieht dazu die Qualifizierung von Lehrkräften sowie den Ausbau der IT-Infrastruktur und -Anbindung vor, bezieht aber auch die Eltern- und Erwachsenenbildung mit ein. Die Verankerung der digitalen Medien in der Bildungslandschaft soll bis 2020 erreicht sein. Drei große Referenzprojekte spiegeln aktuell die Umsetzung des Konzeptes in die Praxis wieder:

  • Niedersächsische Bildungscloud
    In diesem virtuellen Klassenzimmer können Schüler und Lehrer miteinander kommunizieren, Materialien tauschen und gemeinsam an Projekten arbeiten. Das funktioniert auch schul- und schulformübergreifend. Auch Externe wie Unternehmen oder Universitäten können eingebunden werden.
  • BBS fit für 4.0
    An vier berufsbildenden Schulen werden "smart factories" als dezentrale Lernwerkstätten eingerichtet. Ziel ist die Vernetzung mit örtlichen Unternehmen und die Annäherung der Schüler an die Industrie 4.0.
  • Digital Deutsch lernen
    Mit aktuellen Sprach-Lern-Apps und entsprechendem Unterrichtsmaterial lernen geflüchtete Kinder und Jugendliche auf geliehenen Tablets in speziellen Sprachlernklassen nicht nur die deutsche Sprache, sondern gleichzeitig den kompetenten Umgang mit digitalen Medien.

Rückkehr zu G9 Zum Schuljahr 2015/2016 wurde in Niedersachsen wieder auf das Abitur nach 13 Schuljahren umgestellt, beginnend mit Jahrgangsstufe 8. Der letzte G8-Jahrgang legt seine Abiturprüfung im Kalenderjahr 2019 ab. Der erste Schuljahrgang wird dann voraussichtlich im Schuljahr 2020/21 sein Abitur nach 13 Jahren erwerben.

Im Mittelpunkt der Abiturreform steht eine Entlastung der Schüler: weniger Wochenstunden, längere Gesamtschulzeit. So wird der Lernstress reduziert, gleichzeitig aber Raum geschaffen, um durchgenommene Themen zu vertiefen oder ganze Themenblöcke einzuschieben. Eine Ausweitung des Curriculums soll nicht erfolgen. Die Schuljahrgänge 5 bis 10 sollen den Sekundarbereich I des Gymnasiums bilden. Die Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe wird nun wieder im 11. Schuljahrgang geführt. Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler können individuell die Schulzeit verkürzen, indem sie ein Jahr überspringen.

Die Grundschule in Niedersachsen

Einschulung
Schulpflichtig sind in Niedersachsen alle Kinder, die bis zum 30. September sechs Jahre alt werden. Auch jüngere Kinder können auf Antrag der Eltern eingeschult werden. Mit der Aufnahme an die Grundschule werden diese Kinder schulpflichtig. Für Kinder, die schulpflichtig, aber noch nicht schulreif sind, sind Schulkindergärten einzurichten, in denen die Kinder auf den Besuch der 1. Klasse vorbereitet werden.

Fächer/Organisation
Die vierjährige Grundschule gliedert sich in die Schulanfangsphase und die Jahrgänge 3 und 4. Der erste und zweite Schuljahrgang kann als pädagogische Einheit geführt werden, die von den Schülern in ein bis drei Schuljahren durchlaufen wird. Danach wechseln sie in den dritten Schuljahrgang. Werden die Klassen 1 und 2 als pädagogische Einheit geführt, können auch die Klassen 3 und 4 als Einheit geführt werden. Der Fremdsprachenunterricht beginnt in der dritten Klasse.

Leistungsnachweise/Noten/Versetzungsregelungen
Erstmalig am Ende des ersten Schuljahres und dann im zweiten Schuljahrgang erhalten die Kinder ein Berichtszeugnis. Im 3. und 4. Schuljahrgang werden Notenzeugnisse erteilt, die durch Lernentwicklungsberichte ergänzt werden können. Ab dem 4. Schuljahrgang erhalten die Kinder auch eine Note im Fach Englisch.  Versetzungen finden erst nach der zweiten Jahrgangsstufe statt. Die Kinder werden versetzt, wenn die Leistungen mindestens mit "ausreichend" bewertet worden sind. Nicht ausreichende Leistungen können in bestimmtem Umfang ausgeglichen werden.

Vergleichsarbeiten
Alle Bundesländer führen in der 3. Klasse in den Fächern Deutsch und Mathematik einheitlich die Lernstandserhebung VERA 3 durch.
Mit IGLU (Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung)/PIRLS (Progress in International Reading Literacy Study) wird darüber hinaus im fünfjährigen Turnus in allen 16 Bundesländern ein international vergleichender Lesetest in der vierten Jahrgangsstufe durchgeführt. 2016 hat sich Deutschland zum vierten Mal an IGLU/PIRLS beteiligt.
Deutschland beteiligt sich auch an TIMSS (Trends in International Mathematics and Science Study). Im Zentrum dieser Untersuchung stehen mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen von Grundschulkindern. Sie wird alle vier Jahre durchgeführt, zuletzt 2015.

Übertrittsregelungen
Die Entscheidung über die Schulform, in die die Kinder nach der Grundschule wechseln sollen, treffen die Eltern. Seit dem Schuljahr 2015/2016 wird die Grundschulempfehlung am Ende des 4. Schuljahrgangs durch mindestens zwei Beratungsgespräche ersetzt, in denen die Eltern über die individuelle Lernentwicklung des Kindes informiert werden und Empfehlungen zur Wahl der weiterführenden Schulform gegeben werden.